Donnerstag, 11. August 2011

Partytime in Bangalore


Am Sonntag war ich mit meinen beiden neuen Kommilitonen Jimmy und Johnny in der Stadt unterwegs. Jimmy kommt aus Malmö/Schweden und Johnny kommt aus Toronto/Kannada. Die Beiden sind einen Tag nach mir in Bangalore angekommen und haben beide einmal eine Zeit lang im Ausland gelebt und haben somit schon Erfahrung.
Direkt um die Ecke von der Uni ist eine kleine Straße mit Geschäften und Restaurants. Nach einer Weile haben wir uns für das Restaurant entschieden, das am edelsten ausgesehen hat. Und das heißt in Indien nicht etwa, dass es sauber und ordentlich war, sondern dass es einfach nicht ganz so dreckig war wie die anderen. Als wir die Treppe in der ersten Stock gegangen sind, erinnerte das Gebäude an eine Ruine die vor 100 Jahren verlassen wurde und dringend mal kernsaniert werden müsste. :)

Interessanterweise war das darin enthaltene Restaurant wirklich ein Restaurant und es hat einen sehr hygienischen Eindruck gemacht. Auf den Stühlen waren Plastiküberzüge, die Küche konnte man direkt einsehen und die Köche hatten alle Haarnetze auf dem Kopf und Handschuhe an. Die Auswahl an Speisen war mehr als großzügig: Indisch, indisch, indisch, asiatisch und nochmal indisch. :) Mehr als 100 Gerichte standen zur Auswahl. Ich entschied mich für die Nummer 204. Was das genau war, wusste ich nicht, bis ich es auf meinem Teller hatte.

Als mein Essen nach ca. 10 Minuten kam lachte mich ein halb geöffneter Affenschädel fröhlich an und der Kellner fragte mich doch allen Ernstes, ob ich ihn selber öffnen möchte.
Nein, natürlich war es kein Affenschädel, sondern es gab, sehr typisch für Indien, Reis mit Gemüse, Hühnchen und Brot. War sehr lecker gewesen und auch nicht zu scharf. Über das indische Essen werde ich noch einen eigenen Eintrag schreiben, wenn ich endlich mal weiß, was ich da eigentlich jeden Tag esse. :)
Essen im Cafe "Fresh"
Danach sind wir mit dem Bus in die Stadt gefahren. Johnny wollte in eine Bar, in der man für 600Indian Rupee symbol.svg (Rupien) soviel Essen und Trinken darf, wie man möchte, oder verträgt. Nicht sehr typisch Indien. Eigentlich wollte ich garnicht erst mit, weil es mich auch in Deutschland nicht in solche Bars zieht und es doch ziemlich westlich ist, sich für einen Festpreis volllaufen zu lassen. Aber egal, auch das scheint wohl Indien zu sein.
In der Bar angekommen lief westliche Musik (Lieder aus den Charts, wie Barbra Streisand und Black Eyed Peas), auf der Tanzfläche tanzten Leute und an den Tischen tranken, aßen und rauchten junge und sehr wohlhabend aussehende Inder und Inderinnen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass diese Bar in Deutschland steht. Es war eine sehr ausgelassene und irgendwie auch ignorante Stimmung. Wahrscheinlich nicht all zu ignorant für die Inder, aber es ist doch irgendwie unwirklich: Auf der Straße vor der Bar muss man aufpassen, dass man nicht in ein Loch fällt und an jeder zweiten Ecke findet man kleine Wellblechhütten und verkrüppelte arme Menschen und in dieser Bar schien genau das Gegenteil zu existieren. Vielleicht ist es das Gleichgewicht, das man überall auf der Welt findet und in Indien wird eben mit sehr extremen Gewichten gewogen.
Bar in Bangalore


Nach dieser Bar waren wir noch in zwei anderen, auch sehr gepflegten Bars. In Einer lief sogar Formel 1. Zu Abend hatte ich dann, mutig wie ich bin, ein Chickensandwich bestellt. Ich dachte eigentlich, dass das Hühnchen gebraten sein würde, stattdessen bekamm ich ein kaltes Sandwich mit Mayonnaise und Hühnchen. War auch sehr lecker und meinem Magen hat es auch Freude bereitet.
Danach wollten wir zur nächsten Bushaltestelle laufen um wieder zurück zur Uni zu fahren. Leider sind um diese Uhrzeit (es war schon nach Zwölf) keine Busse mehr gefahren und wir haben uns dann eine Rikscha genommen und den Fahrpreis aufgeteilt. 
(V.l.n.r) Jonathan und Jimmy

Seitenstraße in Bangalore

Hühnchenzubereitung in einer Seitenstraße

Eine von zahlreichen beleuchteten Figuren

Es war schon irgendwie komisch. Als wir abends durch die Seitenstraßen liefen, kam die große Armut, die in Indien nach wie vor vorhanden ist, sehr stark zum Vorschein. Als wir durch eine Seitenstraße gelaufen sind, lag etwas seitlich des Weges ein Rudel Hunde und mitten drin ein Mensch, der bis zum Kopf mit einem Laken bedeckt war. Ein paar Straßen weiter, hat ein verkrüppelter Mensch versucht in einen Bus einzusteigen, was sich sehr schwierig gestaltet halt, da er nur noch seine zwei Arme hatte. Sein eines Bein war amputiert, bzw. war es einfach nicht mehr da und das andere „Bein“ hing leblos und abgemagert an seinem Korpus. Wieder eine Straße weiter saß eine Bettlerin am Boden und vor sich hatte sie ein sehr junges Baby in einem Tuch liegen. Sie sah die Leute hilfesuchend an während der Säugling nicht mal mehr die Kraft hatte zu schreien und sich zu bewegen.
In solchen Momenten ist man als Europäer sehr stark überfordert und man weis nicht, wie man mit einer solchen Situation umgehen soll. Richtet man sich nach den anderen Indern, ignoriert man die Armen und geht weiter, als ob das hier alles völlig normal wäre. Vielleicht ist es das auch.

Am nächsten Tag habe ich mich einem Kommilitonen unterhalten und gefragt, wie die Einstellung zu der Armut ist und er hat gemeint, dass die wohlhabenden, gebildeten Inder der Gesellschaft etwas schuldig sind und sich in vielen sozialen Projekten einbringen um somit die Armut zu bekämpfen oder seinen Beitrag zu leisten.
Mir ist bewusst, dass die Armen der Welt nicht erst seit gestern arm sind und auch die nächsten Jahrzehnte arm sein werden. Ebenso ist mir bewusst welches Elend es in unserer Welt gibt, aber wenn man einmal mit den eigenen Augen gesehen und mit der eigenen Nase gerochen hat, was Armut wirklich bedeutet und wie sehr diese Leute leiden, sollte man seine eigenen, sonst so essentiellen Probleme doch nochmal überdenken und sich glücklich schätzen, in einer Welt aufzuwachsen, in der Schulbildung selbtsverständlich ist und Trinkwasser und Abwasser getrennte Wege gehen.





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