Donnerstag, 26. Januar 2012

Es ist kalt!



Liebe Familie, Freunde und Leser,

es ist vollbracht - ein halbes Jahr Studium und Leben in Indien. Wahnsinn. Zugegeben - ich hab es schon länger vollbracht, da ich mich ja schon einige Zeit wieder in Deutschland befinde, aber meine Zeit in Indien ist zu Ende. Schon komisch zu wissen, dass es mein letzter Blogeintrag sein wird. Dabei geht es mir weniger um den Eintrag, sondern eher darum, dass auch die Schreiberei ein Ende haben wird. Naja, warten wir mal ab, wie lange es dauert bis ich die nächste "dumme" Idee hab. :)

Schülerinnnen und ich am südlichsten Punkt Indiens (Kanyakumari)

Die letzten Tage in Indien haben mich von Mumbai nach Goa und wieder nach Bangalore gebracht. Der eigentliche Plan war zwischen Mumbai, Goa, Hampi und Bangalore meine letzten Tage in Indien zu verbringen, aber der Zeitpunkt dafür war von mir recht schlecht gewählt, bzw. schlecht vorbereitet, da so gut wie alle öffentlichen Transportmittel schon Wochen im Voraus ausgebucht oder "unheimlich" teuer waren. Somit beschloss ich ein paar Tage in Mumbai zu bleiben und eine der geschichtsträchtigsten Städte Indiens zu erleben und danach ein paar Tage an den Traumstränden in Goa auszuspannen.

"Und, wie wars?" ist die meistgestellte Frage, die ich gestellt bekomme und es fällt mir wahnsinnig schwer diese offensichtlich einfache Frage kurz und prägnant zu beantworten, denn in der Frage steckt mehr, als der Fragesteller meistens hören möchte. Wie war es?

Indien hat mich in vielen Dingen auf die Probe gestellt. In vielen Bereichen konnte ich Dinge über mich erfahren, die ich niemals von mir gedacht hätte und bin über mich hinaus gewachsen. Ich glaube es ist unmöglich diese Frage zu beantworten, ohne dabei etwas Wichtiges auszulassen.
Indien war unglaublich. Indien war schrecklich. Indien war großartig. Indien hat mir meinen letzten Nerv geraubt und mir gleichzeitig doch so viel Geduld gegeben und mir gezeigt, welche Dinge im Leben wichtig sind. Indien hat mir Dinge gezeigt, die ich niemals in dieser Welt vermutet hätte. Es ist einfach nicht möglich Indien zu fassen. Weder in Worten, noch in Filmen oder Bildern. Deshalb möchte ich nicht weiter versuchen einen runden Abschluss künstlich herbei zu schreiben, sondern ich möchte mich hier an dieser Stelle einfach noch einmal bei euch bedanken.

Danke! Danke, für all die Zeit und Geduld, die ihr mir gegeben und das Verständnis, das ihr mir entgengebracht habt. Danke für das fleißige Lesen meines Blogs. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und Kraft gegeben. Es gab viele Momente, vor allem am Anfang, in denen ich sofort in das nächste Flugzeug gestiegen wäre, um diesem "Wahnsinn" zu entfliehen. Doch ich hab es nicht gemacht. Gründe dafür sind meine Familie, meine Freunde aber vor allem meine Freundin Sabrina, die jeden Tag und jede Sekunde in Gedanken bei mir war. Ohne ihre beständige, liebevolle Unterstützung hätte ich die Zeit nicht durchgehalten. Vielen, vielen, vielen Dank!

Wanted - Wer hat die Weißnase auf der linken Seite zusammen mit dem gut aussehenden, schlanken Inder auf der rechten Seite gesehen? ;)        12 Kg meines Körpergewichts hat mir Indien "geraubt"

Seitdem ich wieder hier bin, weiß ich die kleinen Dinge des Lebens wieder zu schätzen: Wasser aus der Leitung trinken. Nahrungsmittel ohne Hintergedanken an irgendwelche Krankheiten essen. Ein weiches Bett in dem kein Schlafsack auf mich wartet. Nicht alleine schlafen müssen.
Es ist sehr schön wieder hier zu sein, auch wenn ich an die Zeit in Indien mit einem weinenden Auge denke. Danke, dass ich diese Erfahrungen machen durfte.


Wie gewohnt, gibt es hier noch ein paar Bilder von meinen letzten Tagen in Indien.



Slum in der Einflugzone von Mumbai

Faisal - mein Touristenführer in Mumbai

Taxis in Mumbai am Bahnhof

Das Zimmer von Faisal - gehobener indischer Standard

Selbstbewusste Kühe in Mumbai :)

Die Sonne zwischen meinen Fingern - Mumbai

Schlafender Inder in Mumbai - das ist normal dort

Historischer Bahnhof in Mumbai

Blick auf den Fluss direkt neben meinem Zimmer in Goa

Bunte Elefanten auf dem "flea market" in Goa

Gewürze auf dem "flea market"

Fischerboot am Strand von Mandrem

Blick auf den Strand von meinem Lieblingsrestaurant


Mein Balkon in Goa :)


Wieder zu Hause :)

Endlich wieder frischer Käse und frische Tomaten

So, machts gut!
Ich hoffe ihr hattet Spaß an meinen Ausführungen und ich habe euch ein bisschen Lust auf ein Land gemacht, dass einfach "incredible india" ist.  :)

Achja, falls es euch noch interessiert, wie mein Semester eigentlich so gelaufen ist: Bisher kann ich nur sagen, dass ich sehr zufrieden mit den Noten bin, die ich bisher weiß. Mein Zeugnis mit allen Noten sollte eigentlich am 3. Januar fertig sein, was es natürlich nicht war, aber davon bin ich ja eh nie ausgegangen. :)


PS: Es ist verdammt kalt bei euch! :)

Donnerstag, 15. Dezember 2011

The final "washdown"

Seit gestern bin ich wieder von meiner kleinen Rundreise mit meinem Papa zurück. Wir haben viel gesehen, viel unternommen und viele Kilometer zurückgelegt.

Ein letztes Mal Wäsche trocknen im Hostel


Zur musikalischen Untermalung empfehle ich dieses Lied! :)




Im Moment bin ich am Packen für den letzten Abschnitt in meinem Auslandssemester. Ich hab meine Kleider ein letztes Mal hier im Hostel gewaschen und ein letztes Mal im Foodcourt gegessen. Ein letztes Mal mein Bad geputzt und ein letztes Mal den Mülleimer geleert.
Mein Koffer ist schon zur Hälfte gepackt und es fehlen nur noch die Sachen, die ich in meinem Rucksack die restlichen Tage mit mir herum trage. Es liegt ein Stimmung von Abschied und Versöhnung in der Luft. Das Hostel ist fast leer und ich hab mich schon von vielen Kommilitonen und Professoren verabschiedet. Kein Lärm dringt mehr nachts durchs Hostel, keine Termine werden verschoben und kein Magenproblem macht mir das Leben schwer.

Heute liebe ich Indien wieder, heute bin ich Inder.

Ich danke euch für die viele Unterstützung, die Telefonate, die Emails, das fleißige Lesen meiner gedanklichen "Ergüsse" und die Geschenke die mich in diesem wertvollen Abschnitt meines Lebens begleitet und gestärkt haben.
Ich hoffe ich konnte euch mein Leben hier etwas näher bringen und dem einen oder anderen von euch etwas Lust auf Indien verschaffen.
Nach all dem was ich erlebt habe, kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass Indien ein großartiges Land mit großartigen Menschen ist, trotz all der Probleme die es hier nach wie vor gibt und leider auch weiterhin geben wird.

Mal sehen was meine Zukunft bringt, welche Wege sie mir eröffnet und welche Pfade ich wählen werde. Indien und seine Menschen haben einen bleibenden Eindruck in meinem Leben hinterlassen und sie werden für immer einen Platz in meinem Herzen haben. Danke für die unglaubliche Zeit.

Ich melde mich ein letztes Mal auf diesem Blog, wenn ich wieder in Deutschland gelandet bin und danach ist dieses Kapitel in meinem Leben und damit auch dieser Blog abgeschlossen.

Vielen Dank an euch allen,

euer Micha


PS: Die letzten Tage werde ich zwischen Bombay, Goa, Hampi und Bangalore verbringen. Ich wünsche euch frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2012.


Hier noch ein paar Bilder von der letzten Woche.




Fischer am Strand von Trivandrum

Ich auf einer Royal Enfield "Bullet" Nahe Pondicherry

Eine Inderin beim Ausheben eines Flussbetts

Klassenzimmer einer indischen Schule Nahe Pondicherry

Schulklasse am südlichsten Punkt Indiens

Krokodil auf einer Krokodilfarm Nahe Chennai

Ochse mit Karren auf dem Markt in Trivandrum

Indische Bäuerin auf dem Land in der Nähe von Auroville



Samstag, 3. Dezember 2011

Aus, Aus, Aus, das Spiel ist aus

So, es ist vollbracht. Ich habe ein Semester in Indien studiert. War ja ganz einfach! (Sarkasmus!!!) :)
Es hat ja auch nur so viel Geduld, Durchhaltevermögen und körperliche Substanz gekostet, wie nichts zuvor in meinem Leben. Am vergangenen Sonntag hab ich meinen Papa am Flughafen abgeholt und die letzten Tage hab ich ihm Bangalore im Schnelldurchlauf gezeigt, um ihn einzugewöhnen und damit wir heute nach Chennai aufbrechen können. Wir werden die nächsten Tage im Südosten Indiens verbringen und verschiedene Orten ansteuern. Nachdem die Unterstützung von blogspot.COM durch mein dämliches Handy zu wünschen übrig lässt und ich für die paar Zeilen knapp 45 min gebraucht habe, werde ich mich erst wieder melden, wenn ich zurück bin. Macht's gut, euer Micha

Dienstag, 22. November 2011

Ravali Ravali

So Freunde und Familie, ich bin momentan gut mit meinem Studium beschäftigt und demnach zeitlich etwas eingeschränkt. Es sind jetzt noch knapp zwei Wochen hier an der Uni und danach geht es endlich raus aus dem Studienalltag und rein in das Indien wie ich es mag. Der 3. Dezember ist mein Stichtag an dem ich alle bürokratischen Dinge, die mit der Uni in Verbindung stehen, hinter mich gebracht haben möchte. Am 4. Dezember kommt mein Papa mich besuchen und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase in Bangalore geht es an neue Orte in Indien.
So, nun aber zu dem eigentlichen Artikel: "Ravali, Ravali"

Langsam aber sicher schließen sich hier viele Kreise. Letzte Woche hab ich über den "Clean-Trupp" geschrieben, bei dem ich nach knapp drei Monaten endlich eine ungefähre Regelmäßigkeit feststellen konnte und heute geht es um ein weiteres "Geheimnis", das mich seit meiner ersten Woche hier am Campus nervt und ich endlich gelüftet habe.

Fast jede Nacht um 12 Uhr wird es laut vor meinem Fenster im dritten Stock. Gut, es ist sowieso recht laut hier im Hostel, da die Inder im Allgemeinen kein "Das gehört sich nicht"-Empfinden haben. Die Bedeutung von Uhrzeiten, wie die Europäer sie kennen und schätzen, gibt es hier nicht. Während man in Deutschland überlegt, ob man nach 21 Uhr noch bei Freunden anrufen kann, oder ob "sich das nicht gehört", weil es schon so spät ist, spielt hier keine Rolle. So wurde ich des Öfteren nach 23:30 Uhr angerufen und gefragt, ob ich nächste Woche Zeit für ein Treffen habe. So etwas kann ja auch nicht bis morgen warten - warum auch? Nicht selten werden die vereinbarten Treffen wieder und wieder verschoben oder fallen einfach aus.
So, nun aber wieder zurück zur eigentlichen Geschichte. Wie gesagt, wird es laut nach Mitternacht. Als ich beim ersten Mal einen Blick aus meinem Fenster warf, sah ich eine Gruppe von Studenten, die sich laut und ausgelassen vor dem Wohnheim unterhielten und keine Anstalten machten, dass ihnen bewusst wäre, dass aufgrund ihrer Lautstärke manche Studenten (--> ICH) nicht schlafen können. Nachdem ich mich wieder in mein hartes Bett gelegt habe, wurde es noch lauter:

"Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali" schallte es mir entgegen. Wie eine Gruppe von begeisterten Fußballfans, die grölend zum nächsten Spiel ihrer Lieblingsmannschaft durch die Straßen zieht, ist die Gruppe von Indern über den Campus gezogen. Zu meiner Erleichterung wurde es immer leiser bis es fast nicht mehr zu hören war.
Blöd nur, dass es nicht bei diesem einem Mal geblieben ist, sondern es sich fast täglich wiederholt hat.
Wie ich heute weiß, sind es Geburtstagsfeiern und bei ungefähr 600 Studenten ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass jeden Tag ein anderer Student Geburtstag hat und somit habe ich mich mehr oder weniger daran gewöhnt. Der Deal ist recht simpel: Entweder du schläfst bis 12 Uhr ein, oder du wirst vor 1:30 Uhr nicht zur Ruhe kommen.

Die Feier hat Tradition und deswegen wird, zur Scham des "Geburtstagkinds", vor dem Mädchenwohnheim der folgende Satz gerufen:
"Ravali, Ravali, Sabrina Ravali"

Wobei der Mädchenname natürlich durch den Namen ersetzt wird, von dem die Freunde ausgehen, dass er auf dieses Mädel steht. 
Die Sprache ist Tamil (sie wird im benachbarten Staat Tamil Nadu gesprochen) und bedeutet (in meinem Fall) so viel wie: "Komm raus, Komm raus, Sabrina, komm raus". Diesen Sprechgesang setzen sie so lange fort, bis die angesprochene Person raus kommt und das Geburtstagskind endgültig "blamiert" ist, da es doch meistens ein Geheimnis ist, wen man denn ganz gerne hat.

Danach geht es in den Food-Court wo eine zuckersüße Geburtstagstorte auf die schreiende Meute wartet, die dann angeschnitten und sehr schnell gegessen oder in den Gesichtern verteilt wird.
Insgesamt geht alles sehr laut, chaotisch, ausgelassen und lustig zu. Wie immer.

Damit ihr euch das ein bisschen besser vorstellen könnt, war ich letzte Woche selbst dabei und hab mal zwei Videos und Bilder davon gemacht.



Zehn Punkte für den, der mich als erstes findet :)

Die Torte ca. 5 Sekunden nach dem Anschneiden

Feiernde Inder

Sonntag, 6. November 2011

Clean Clean Clean

Als ich Anfang August hier angekommen bin und mein Zimmer bezogen habe, hat mir leider niemand gesagt, wie das hier im Hostel so abläuft. Deswegen stand ich an meinem ersten Sonntag hier in Indien senkrecht im Bett als morgens früh um sieben Uhr jemand an meiner Tür klopfte. Erst dachte ich, dass ich mir das eingebildet habe, denn wer sollte denn um diese früh mittägliche Uhrzeit an einem normalen Werktag was von mir wollen? Es klopfte nochmal. Geklapper an meinem Türriegel. Es hörte sich ganz so an, als ob jemand mein "Türschloss" zu einem alten, längst vergangenen Türklopfer umfunktioniert hatte. Zudem kamen noch rücksichtslose, vehemente, unverständliche Gespräche und Gesprächsfetzen, die in den langen Gängen noch Stunden danach widerhallten als ob sie mich immer wieder daran erinnern wollten, dass ich hier zum Studieren bin und nicht zum Schlafen.
Ich stand kurz davor aus meinem erst wenige Stunden zuvor mühevoll errungenem Schlaf zu erwachen, als es vor der Tür wieder ruhiger wurde. Sollte mir recht sein, sollen doch alle einfach verschwinden und mich in meinem von der Sonne hell erleuchtendem Zimmer weiter schlafen lassen. Die Grenze zum Traumland lag so nah, ich hab mich schon auf den höchsten Wolken ein leckeres Schnitzel mit Champignonrahmsoße und Spätzle essen sehen, doch kurz bevor ich auch nur einen Fuß darüber setzen und einen Atemzug voll entspannter, surrealer Traumluft nehmen konnte, klopfte es wieder an der Tür. Diesmal so penetrant und hochfrequent, dass ich dachte, das ganze Hostel, nein, ganz Indien brennt gerade ab. Mit vor Todesangst rasenden Puls bin ich zu meiner Tür geeilt, die Augen noch teilweise vom indischen Sandmännchen versiegelt und die Haare in alle Richtungen stehend, habe ich schnell die Riegel zur Seite geschoben und die Tür aufgerissen.

Von vorne nach hinten: Ein Mitglied der Beseneinheit, der General und die Badputzeinheit


Entgegen all meiner Erwartungen rannten keine Feuerwehrmänner mit dicken Wasserschläuchen durch den Gang, keine hysterisch flüchtenden Studenten, es waren auch keine Rauchschwaden zu sehen und die "Feuerlöscher", die seit vier Jahren abgelaufen waren und schon lange keinen Löschschlauch mehr haben, hingen weiterhin friedlich und unberührt an der Wand.
Jedoch stand eine kleine Inderin mit einem Besen vor mir und schaute mich mit großen Augen an und sagte immer wieder das gleiche Wort: "Clean, clean, clean..." Nachdem mein Körper wieder volle Kontrolle über meine Augen erlangt hatte, konnte ich das Bild vor mir etwas schärfer stellen: Es war nicht nur eine, nein, es waren fünf mit Schrubbern, Besen und Lappen bewaffnete Frauen, die entweder auf die "India PutzExpo 2011" oder wohl irgendwas mit meinem Zimmer anstellen wollten. Mein Kopf war total überlastet, ich konnte die Bilder und die Geschehnisse nicht einordnen und nicht entscheiden, was ich jetzt machen soll. Doch die Entscheidung wurde mir im nächsten Moment auch schon abgenommen, denn sie kamen alle unaufgefordert herein und legten los.
Da ich nicht mit Besuch gerechnet habe und ich auch noch nicht ansatzweise gewusst habe, ob ich meinen Koffer überhaupt auspacken und hier bleiben sollte, lagen in meinem Zimmer jede Menge Klamotten und Privates herum.
Doch das hat den "Clean-Trupp" nicht im Geringsten gestört, denn sie fingen an auszuschwärmen:
Zwei von ihnen machten sich an meinem Bett zu schaffen und haben neue Laken aufgezogen. Zwei andere haben mit viel zu kurz geratenen Besen das Zimmer "gekehrt". Okay, die bessere Formulierung wäre wohl, sie haben versucht zu kehren und haben stattdessen den Staub einfach nur aufgewirbelt. Gut, das Ergebnis ist kurzfristig das gleiche: Der Dreck ist weg und was ich nicht sehe, ist nicht da. Nachdem die ersten Schwadronen wieder wortlos abgezogen sind, kamen die anderen beiden Frauen und haben mit einem Mopp das Zimmer gewischt. Ja, richtig. Ein Mopp und zwei Bediener, das können nur die Inder. :) Es muss ja einer da sein, falls jemand spontan ausfällt. Später hab ich gesehen, dass mit diesem Mopp das ganze Hostel geputzt wurde, ohne dass er zwischendurch mal ausgewaschen wurde. Das erklärt auch, warum der Boden danach auch irgendwie dreckiger wirkte, als vorher.

Der Mülleimer wird auch jeden Monat geleert

Ich wollte schon meine Zimmertür schließen und mich wieder dem guten Essen in meinem Traum widmen, als zwei Männer mit großen gelben Gummihandschuhen in der Tür standen und nach kurzem zögern auch einfach herein kamen. Klar, warum auch fragen, es ist ja alles so selbstverständlich und offensichtlich im Meister-Proper-Look Sonntag früh um sieben bei einem Austauschstudenten, der seit vier Tagen hier ist,  in der Tür zu stehen und das Badezimmer putzen zu wollen. Ich ließ einfach alles geschehen. Ich wollte gar nicht wissen, was die Beiden in meinem Bad anstellten, nachdem ich gesehen habe, wie der Boden gewischt wurde. Nach einigen langen Minuten waren sie auch schon fertig und "Der General", ein weiterer Inder, der wohl auf den Putztrupp aufpasst, stand in meiner Tür und wollte meine Unterschrift in einem Buch. Ich wollte noch fragen, ob dass die Erklärung ist, dass ich keinerlei Ansprüche auf eine Verbesserung des Wohngegenstandes zu erwarten habe, sobald sie hier waren. Habe es aber dann gelassen und stillschweigend unterschrieben.

Nachdem ich recht schnell eine Sauberkeitsbilanz aufgestellt hatte, hatte ich den Entschluss gefasst in Zukunft selber zu putzen. Seitdem kommen sie zwar immer noch am ersten Sonntag jedes neuen Monats früh um sieben, aber sie bringen mir nur noch ein frisches Handtuch und frische Bettwäsche. Den Rest mache ich gerne selber. :)

Die Bilder sind jetzt nicht sonderlich aussagekräftig. Ich versuche, dass ich noch ein Gruppenbild vom Putztrupp bekomme. :)

Frisch, von mir überzogenesBett



Nachtrag
Hab heute ein Bild vom Putztrupp gemacht, wie sie die Böden im Hostel putzen






Donnerstag, 3. November 2011

Micha meets Metallica

Ohhhh yeah, ihr habt richtig gelesen. Am Sonntag hatte Metallica sein Debüt in Indien bzw. in Bangalore und ich war mitten drin. :)

Glücklicherweise habe ich ein Metal-T-Shirt eingepackt, als ich meinen Koffer für Indien gepackt habe. Damals hab ich nicht im Traum daran gedacht auf ein Konzert in Bangalore zu gehen, bei dem ich das T-Shirt hätte tragen können, geschweige denn, dass ich Metallica live erleben kann.
Wie der Zufall aber wollte, spielt Metallica ausgerechnet während ich in Bangalore bin. Sehr geil! :)
Jimmy und ich haben uns Sonntagmittag auf den Weg gemacht und wollten vorher noch lecker etwas essen gehen und anschließend den musikalischen Nachtisch genießen. Da der Tag sowieso schon im westlichen Mittelpunkt stand, habe ich mir einen Hamburger mit Pommes bestellt, was ich hätte besser lassen sollen. Der Burger an sich war ja ganz nett, aber das Brot war steinhart und das Rindfleisch war irgendwie auch nicht so toll. Man sollte bei einem indischen Restaurant eben nur indisches Essen bestellen, welches in dem Restaurant auch ansonsten wirklich lecker ist. :)

Mittlerweile war es schon recht spät und wir haben uns auch schon langsam Sorgen gemacht, ob die Band schon angefangen hat zu spielen, da auf dem Ticket nichts vermerkt war und in Indien die Uhren doch etwas vor gehen, was abendliche Aktivitäten angeht. In Bangalore schließt nämlich jede Bar spätesten um 23 Uhr und um 22:30 Uhr fahren die letzten Busse. Das heißt nicht, dass es kein Nachtleben hier gibt, es wird schließlich schon um 18 Uhr dunkel. Es ist eben alles nur etwas früher als man es in Deutschland gewohnt ist.

Am Konzertgelände (OpenAir) angekommen, haben wir riesengroßes Glück gehabt und sind sehr schnell durch die Sicherheitskontrollen gekommen, da wir zufällig vor einer Sicherheitsschleuse standen, die genau in diesem Moment geöffnet wurde. Danach konnten wir den Zeitvorteil nutzen und standen somit knapp zehn Meter von der Bühne entfernt und hatten somit optimale Plätze.

Das Konzert war recht kurzweilig, obwohl sie 2,5 Stunden gespielt haben, aber jedes einzelne Lied war richtig, richtig geil. :)

Hier ein paar visuelle und akustische Eindrücke:

Meine Schuhe nach dem Konzert




Blick auf die Bühne

James Hetfield in der Mitte

Diesmal in Rot

Ausgang des Konzertgeländes - danach

Freitag, 28. Oktober 2011

Happy Diwali

Happy Diwali euch allen! :)

Das große Fest der Lichter und zusätzlich das größte Fest in ganz Indien fand am vergangenen Mittwoch statt. Diwali ist aber kein Fest, dass nur an einem Tag stattfindet, auch wenn am Mittwoch wirklich Diwali war. Es ist ein bedeutendes mehrtägiges hinduistisches Fest in Indien und vielen weiteren Teilen in Südostasien.
Das Fest kann auf Grund seiner spirituellen sowie sozialen Bedeutung und seines fröhlichen Charakters mit unserem Weihnachten verglichen werden. Für Schulen und viele Firmen ist Diwali gleichzeitig auch der Beginn eines neuen Schul-/Geschäftsjahres.

Den Geschichten nach, fand vor vielen, vielen Jahren ein Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen statt und das Gute hat gesiegt. War ja klar. :)
Um den heimkehrenden Göttern den Weg zu leuchten und den Sieg zu feiern, haben die Menschen überall Lichter entzündet. In der heutigen Form sieht Diwali in Bangalore ziemlich nach Weihnachten aus, da überall bunte Lichterketten hängen und wie wild vor sich hin blinken und auch sehr viel mit Lametta geschmückt wird. Ebenso werden viele Blumenketten und Farbpulver benutzt um alles möglichst, typisch indisch, bunt zu schmücken. Was man natürlich nicht vergessen darf, ist, dass an Diwali Unmengen von Feuerwerkskörpern gezündet werden und im Gegensatz zu dem Zwei-Stunden-Fenster, dass wir in Deutschland an Silvester haben, hört man hier die ganze Zeit Feuerwerkskörper explodieren und man sieht Raketen an den Himmel steigen. Am vergangenen Mittwoch, war der Höhepunkt des Festes und deswegen war es draußen nochmal extra laut.

Am Campus selbst wird Diwali immer sehr groß gefeiert und der ganze Campus und die Uni sind von oben bis unten geschmückt. Dieses Jahr gab es allerdings eine Ausnahme, da in den vergangenen Wochen ein indischer Kommilitone aufgrund eines Hirn-Aneurysma, wenn ich das richtig verstanden habe, im Krankenhaus verstorben ist. Der Kerl war gerade mal 21 Jahre alt...
Jedenfalls wurde die Entscheidung getroffen, Diwali am Campus nicht zu feiern.

Einige Studenten ließen es sich aber nicht nehmen, trotzdem eine kleine, ruhige Zeremonie im Campus abzuhalten. Dabei wurden kleine Tonschalen mit Öl befüllt und ein Docht dazu gelegt und fertig war die typische Diwali-Kerze. Diese wurden dann neben einer Göttin Saraswatu und in der ganzen Hochschule verteilt. Nach ein paar kurzen andächtigen Momenten war die Zeremonie auch wieder vorbei.

Hier noch ein paar Bilder von der Zeremonie:

Rahul vor dem Tempel

Viele Studenten vor dem Tempel

Hier die Göttin der Weisheit und Gelehrsamkeit, Saraswatu

"Diwalikerzen" und Öl

Montag, 24. Oktober 2011

Mangalore - Karnataka's Küstenstadt


Am Strand von Mangalore
Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Mangalore ist eine Stadt, die an der Küste von Karnataka und somit im gleichen Bundesstaat wie Bangalore liegt. Vielleicht auch deshalb die ähnlichen Namen. Jedenfalls war das unser (Stefan und ich) Reisziel für das vergangene Wochenende.
Nachdem ich ja schon ein bisschen herum gekommen bin und ein wenig die Freiheit des Rucksacktourismus mit der Sabrina in Kerala erleben konnte, kommt schon so etwas wie "Routine" auf, bei der Planung unseres Ausflugs. Karten vom Reiseziel anschauen, um sich etwas orientieren zu können, mehrere Restaurants und Hotels/Hostels heraussuchen, damit man auch immer eine Auswahlmöglichkeit hat, Busrouten suchen, lokalen Preis für Rickshaws und Taxis herausfinden (ganz wichtig!), Tickets buchen, Rucksack packen, Kamera nicht vergessen und ein Taxi buchen. :) Alles ganz einfach!

Stefan mit Rucksack am Flughafen in Bangalore

In unserem Fall stand Mangalore mit seinen schönen, verlassenen Stränden auf unserem Programm. Ebenso soll es in der Nähe von Mangalore einen schönen, großen Wasserfall geben, bei dem man sogar ins Wasser darf. Falls es mit dem Wasserfall nicht klappen würde, wollten wir die Stadt etwas erkunden und Samstag Abend wollten wir wieder zurück fliegen. Das war zumindest der Plan. In Indien läuft einfach immer alles anders, als man es plant.

Unser Flieger flog um 7:15 Uhr freitags los und wir mussten etwas eher am Flughafen sein, um das Gepäck aufzugeben usw. Und das Taxi braucht ja auch noch zwei Stunden bis zum Flughafen, von daher sind wir recht früh morgens aufgebrochen. Ich habe das Taxi auf 3:30 Uhr in der Nacht bestellt. Es war das erste Mal, seit dem ich hier bin, dass ich um diese Uhrzeit außerhalb vom Campus in Bangalore unterwegs war. Electronics City war wie ausgewechselt. Tagsüber fahren hier jede Menge Busse, Rickshaws, LKWs und Autos durch die Straßen und jede Menge Menschen laufen dazwischen umher. Nachts fährt mal eine verlassene Rickshaw umher oder die Wachleute der einzelnen Firmen schauen aus ihren Häuschen raus und ansonsten ist es wie ausgestorben. War auch mal ganz schön, mitten auf der Hauptstraße zu stehen und den Sternenhimmel anzusehen.

In Mangalore angekommen haben wir uns ein Taxi besorgt und sind zum ersten Strand gefahren. Der Taxifahrer meinte noch, dass an diesem Strand nichts los ist und ich antwortete ihm, dass das genau der Grund sei, weshalb wir dort hin wollten: Strand, Meer und nur der Stefan und ich. Nach einer knappen Stunde sind wir am Strand angekommen und es war wirklich so, dass hier so gut wie Nichts war. Es gab ein paar Häuser und Firmengebäude, aber das war es dann auch schon wieder. Alles recht verlassen. Perfekt.

Der Strand war leider nicht ganz so sauber, wie ich es mir erhofft hatte. Natürlich ist kein Strand von Natur aus so, wie man ihn von den tollen Bildern in der Werbung kennt, aber es lag neben dem natürlichen "Müll", wie Stöcke, Tang und Kokosnussschalen eben auch "richtiger" Müll herum, wie Plastikflaschen, Plastikschuhe, alte Kleider usw. In solchen Momenten verflucht man seine eigene Rasse und deren andauernde Ignoranz wieder und man fragt sich, wieso man alles Schöne erst zerstören muss, um zu erkennen, dass man in vielen Teilen einen nicht umweltverträglichen Lebensstil lebt.

Aber wir haben letztendlich ein Plätzchen gefunden, an dem es sehr schön war und wir haben somit den ganzen Vormittag am Strand in der Sonne verbracht. Herrlich! :)

Ich vor dem indischen Ozean in Mangalore

Stefan vor dem indische Ozean

Kleine Krabbe im Sand

Welle am Strand

Indische Familie am Strand


Gegen Nachmittag haben wir uns auf den Weg in die Stadt gemacht um dort etwas zu essen und im Hotel einzuchecken. Zu Mittag haben wir dann im "Palkhi" gegessen. Nachdem ich die letzten Woche keinerlei Probleme mehr mit der indischen Hygiene und dem Essen hatte, wollte ich mein Glück auf die Probe stellen und habe mir indische Meeresfrüchte bestellt. Ich war noch nie ein Fan von Meeresfrüchten, aber viele meiner Kommilitonen haben gemeint, dass Mangalore für seine gute Meeresfrüchte-Küche bekannt ist. Zu meiner Überraschung war das Essen sehr, sehr, sehr lecker. Ich hatte Garnelen in einer sehr leckeren Soße und dazu Brot und Reis. Ich glaube so langsam, dass mir die indische Küche fehlen wird, wenn ich wieder in Deutschland bin. ;)

Den Rest des Nachmittags und den Abend haben wir an einem weiteren Strand verbracht, der etwas näher lag, als der andere und auch von mehr Leuten besucht wurde. Dort wollten wir uns eigentlich den Sonnenuntergang anschauen, aber leider waren die Wolken so dicht, dass man nur erahnen konnte wo die Sonne unterging. Glücklicherweise lag unser Hotel nahe der alten Hafeneinfahrt von Mangalore und somit konnten wir dort noch ein paar Blicke der untergehenden Sonne erhaschen. 
Im Allgemeinen ist Mangalore eine indische Stadt, die sehr von der britischen Kolonialzeit geprägt ist und etwas herunter gekommen wirkt. Die größte Industrie ist die Fischerei und das merkt bzw. riecht man auch. Ab und zu kommen richtige Duftschwaden durch die Stadt vom entfernten Hafen, welche wirklich ungewohnt stark nach Fisch riechen. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die warmen Temperaturen erledigen ihr Übriges und machen es einem manchmal schwer richtig durch zu atmen. 
Besonders positiv in Mangalore, vor allem im Vergleich zu Bangalore, ist mir aufgefallen, dass die Rickshaw-Fahrer einen nicht abzocken wollen. Bevor man mit einer Rickshaw los fährt wird das "Faremeter" angeschaltet, dass den genauen Betrag berechnet, den man zahlen muss. In Bangalore wird das Gerät nicht, nicht mal auf Nachfrage, angeschaltet, sondern man muss handeln. Zumindest wenn man sich nicht als Einheimischer "ausweisen" kann, indem man zum Beispiel Kanada spricht. (Kanada ist die Sprache von Karnataka, dem Bundesstaat). Wer das nicht macht, zahlt das 3-8-fache des regulären Fahrpreises und gilt abgesehen davon, dass man viel zu viel zahlt, als dumm, weil man den viel zu hohen Preis bezahlt. 
(Ach, wie oft wurde ich am Anfang übers Ohr gehauen...) :)

Den nächsten Tag haben wir "leider" am Flughafen verbracht, da mein deutscher Besucher das Essen hier nicht vertragen hat. Zudem war ihm die ganze Woche schon nicht so gut und seitdem er am Food-Court gegessen hat, gings ihm dann richtig schlecht. 
Kann ich gar nicht verstehen. Weichei! ;)

Der Aufenthalt am Flughafen war aber sehr unterhaltsam, da wir uns die ganze Zeit sehr gut unterhalten haben. Wenn man sich nur ein paar mal im Jahr sieht und dann meisten etwas vor hat, wie Kino, Essen gehen usw. kommt da schon Einiges zusammen. :)

Hier noch ein paar Bilder von Mangalore.

Verlassene Fabrik am Hafen

Inderin transportiert Kartoffeln

Alter Hafen bei Sonnenuntergang

Blumenkettenverkauf in Mangalore

Fischmarkt in Mangalore

Ich an einem anderen Strand von Mangalore

Baum an der Straße

Blick in die Straße

Altes Haus an der Straße

Haus aus der Kolonialzeit? Vielleicht.