So Freunde und Familie, ich bin momentan gut mit meinem Studium
beschäftigt und demnach zeitlich etwas eingeschränkt. Es sind jetzt noch
knapp zwei Wochen hier an der Uni und danach geht es endlich raus aus
dem Studienalltag und rein in das Indien wie ich es mag. Der 3. Dezember
ist mein Stichtag an dem ich alle bürokratischen Dinge, die mit der Uni
in Verbindung stehen, hinter mich gebracht haben möchte. Am 4. Dezember
kommt mein Papa mich besuchen und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase
in Bangalore geht es an neue Orte in Indien.
So, nun aber zu dem eigentlichen Artikel: "Ravali, Ravali"
Langsam aber sicher schließen sich hier viele Kreise. Letzte Woche hab
ich über den "Clean-Trupp" geschrieben, bei dem ich nach knapp drei
Monaten endlich eine ungefähre Regelmäßigkeit feststellen konnte und
heute geht es um ein weiteres "Geheimnis", das mich seit meiner ersten
Woche hier am Campus nervt und ich endlich gelüftet habe.
Fast jede Nacht um 12 Uhr wird es laut vor meinem Fenster im dritten
Stock. Gut, es ist sowieso recht laut hier im Hostel, da die Inder im
Allgemeinen kein "Das gehört sich nicht"-Empfinden haben. Die Bedeutung
von Uhrzeiten, wie die Europäer sie kennen und schätzen, gibt es hier
nicht. Während man in Deutschland überlegt, ob man nach 21 Uhr noch bei
Freunden anrufen kann, oder ob "sich das nicht gehört", weil es schon so
spät ist, spielt hier keine Rolle. So wurde ich des Öfteren nach 23:30
Uhr angerufen und gefragt, ob ich nächste Woche Zeit für ein Treffen
habe. So etwas kann ja auch nicht bis morgen warten - warum auch? Nicht
selten werden die vereinbarten Treffen wieder und wieder verschoben oder
fallen einfach aus.
So, nun aber wieder zurück zur eigentlichen Geschichte. Wie gesagt, wird
es laut nach Mitternacht. Als ich beim ersten Mal einen Blick aus meinem Fenster warf,
sah ich eine Gruppe von Studenten, die sich laut und ausgelassen vor dem
Wohnheim unterhielten und keine Anstalten machten, dass ihnen bewusst
wäre, dass aufgrund ihrer Lautstärke manche Studenten (--> ICH) nicht
schlafen können. Nachdem ich mich wieder in mein hartes Bett gelegt
habe, wurde es noch lauter:
"Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali" schallte es mir
entgegen. Wie eine Gruppe von begeisterten Fußballfans, die grölend zum
nächsten Spiel ihrer Lieblingsmannschaft durch die Straßen zieht, ist
die Gruppe von Indern über den Campus gezogen. Zu meiner Erleichterung
wurde es immer leiser bis es fast nicht mehr zu hören war.
Blöd nur, dass es nicht bei diesem einem Mal geblieben ist, sondern es sich fast täglich wiederholt hat.
Wie ich heute weiß, sind es Geburtstagsfeiern und bei ungefähr 600
Studenten ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass jeden Tag ein
anderer Student Geburtstag hat und somit habe ich mich mehr oder weniger
daran gewöhnt. Der Deal ist recht simpel: Entweder du schläfst bis 12
Uhr ein, oder du wirst vor 1:30 Uhr nicht zur Ruhe kommen.
Die Feier hat Tradition und deswegen wird, zur Scham des "Geburtstagkinds", vor dem Mädchenwohnheim der folgende Satz gerufen:
"Ravali, Ravali, Sabrina Ravali"
Wobei der Mädchenname natürlich durch den Namen ersetzt wird, von dem die Freunde ausgehen, dass er auf dieses Mädel steht.
Die Sprache ist Tamil (sie wird im benachbarten Staat Tamil Nadu
gesprochen) und bedeutet (in meinem Fall) so viel wie: "Komm raus, Komm
raus, Sabrina, komm raus". Diesen Sprechgesang setzen sie so lange fort,
bis die angesprochene Person raus kommt und das Geburtstagskind
endgültig "blamiert" ist, da es doch meistens ein Geheimnis ist, wen man
denn ganz gerne hat.
Danach geht es in den Food-Court wo eine zuckersüße Geburtstagstorte auf
die schreiende Meute wartet, die dann angeschnitten und sehr schnell
gegessen oder in den Gesichtern verteilt wird.
Insgesamt geht alles sehr laut, chaotisch, ausgelassen und lustig zu. Wie immer.
Damit ihr euch das ein bisschen besser vorstellen könnt, war ich letzte
Woche selbst dabei und hab mal zwei Videos und Bilder davon gemacht.
Zehn Punkte für den, der mich als erstes findet :) |
Die Torte ca. 5 Sekunden nach dem Anschneiden |
Feiernde Inder |