Dienstag, 22. November 2011

Ravali Ravali

So Freunde und Familie, ich bin momentan gut mit meinem Studium beschäftigt und demnach zeitlich etwas eingeschränkt. Es sind jetzt noch knapp zwei Wochen hier an der Uni und danach geht es endlich raus aus dem Studienalltag und rein in das Indien wie ich es mag. Der 3. Dezember ist mein Stichtag an dem ich alle bürokratischen Dinge, die mit der Uni in Verbindung stehen, hinter mich gebracht haben möchte. Am 4. Dezember kommt mein Papa mich besuchen und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase in Bangalore geht es an neue Orte in Indien.
So, nun aber zu dem eigentlichen Artikel: "Ravali, Ravali"

Langsam aber sicher schließen sich hier viele Kreise. Letzte Woche hab ich über den "Clean-Trupp" geschrieben, bei dem ich nach knapp drei Monaten endlich eine ungefähre Regelmäßigkeit feststellen konnte und heute geht es um ein weiteres "Geheimnis", das mich seit meiner ersten Woche hier am Campus nervt und ich endlich gelüftet habe.

Fast jede Nacht um 12 Uhr wird es laut vor meinem Fenster im dritten Stock. Gut, es ist sowieso recht laut hier im Hostel, da die Inder im Allgemeinen kein "Das gehört sich nicht"-Empfinden haben. Die Bedeutung von Uhrzeiten, wie die Europäer sie kennen und schätzen, gibt es hier nicht. Während man in Deutschland überlegt, ob man nach 21 Uhr noch bei Freunden anrufen kann, oder ob "sich das nicht gehört", weil es schon so spät ist, spielt hier keine Rolle. So wurde ich des Öfteren nach 23:30 Uhr angerufen und gefragt, ob ich nächste Woche Zeit für ein Treffen habe. So etwas kann ja auch nicht bis morgen warten - warum auch? Nicht selten werden die vereinbarten Treffen wieder und wieder verschoben oder fallen einfach aus.
So, nun aber wieder zurück zur eigentlichen Geschichte. Wie gesagt, wird es laut nach Mitternacht. Als ich beim ersten Mal einen Blick aus meinem Fenster warf, sah ich eine Gruppe von Studenten, die sich laut und ausgelassen vor dem Wohnheim unterhielten und keine Anstalten machten, dass ihnen bewusst wäre, dass aufgrund ihrer Lautstärke manche Studenten (--> ICH) nicht schlafen können. Nachdem ich mich wieder in mein hartes Bett gelegt habe, wurde es noch lauter:

"Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali", "Ravali, Ravali" schallte es mir entgegen. Wie eine Gruppe von begeisterten Fußballfans, die grölend zum nächsten Spiel ihrer Lieblingsmannschaft durch die Straßen zieht, ist die Gruppe von Indern über den Campus gezogen. Zu meiner Erleichterung wurde es immer leiser bis es fast nicht mehr zu hören war.
Blöd nur, dass es nicht bei diesem einem Mal geblieben ist, sondern es sich fast täglich wiederholt hat.
Wie ich heute weiß, sind es Geburtstagsfeiern und bei ungefähr 600 Studenten ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass jeden Tag ein anderer Student Geburtstag hat und somit habe ich mich mehr oder weniger daran gewöhnt. Der Deal ist recht simpel: Entweder du schläfst bis 12 Uhr ein, oder du wirst vor 1:30 Uhr nicht zur Ruhe kommen.

Die Feier hat Tradition und deswegen wird, zur Scham des "Geburtstagkinds", vor dem Mädchenwohnheim der folgende Satz gerufen:
"Ravali, Ravali, Sabrina Ravali"

Wobei der Mädchenname natürlich durch den Namen ersetzt wird, von dem die Freunde ausgehen, dass er auf dieses Mädel steht. 
Die Sprache ist Tamil (sie wird im benachbarten Staat Tamil Nadu gesprochen) und bedeutet (in meinem Fall) so viel wie: "Komm raus, Komm raus, Sabrina, komm raus". Diesen Sprechgesang setzen sie so lange fort, bis die angesprochene Person raus kommt und das Geburtstagskind endgültig "blamiert" ist, da es doch meistens ein Geheimnis ist, wen man denn ganz gerne hat.

Danach geht es in den Food-Court wo eine zuckersüße Geburtstagstorte auf die schreiende Meute wartet, die dann angeschnitten und sehr schnell gegessen oder in den Gesichtern verteilt wird.
Insgesamt geht alles sehr laut, chaotisch, ausgelassen und lustig zu. Wie immer.

Damit ihr euch das ein bisschen besser vorstellen könnt, war ich letzte Woche selbst dabei und hab mal zwei Videos und Bilder davon gemacht.



Zehn Punkte für den, der mich als erstes findet :)

Die Torte ca. 5 Sekunden nach dem Anschneiden

Feiernde Inder

Sonntag, 6. November 2011

Clean Clean Clean

Als ich Anfang August hier angekommen bin und mein Zimmer bezogen habe, hat mir leider niemand gesagt, wie das hier im Hostel so abläuft. Deswegen stand ich an meinem ersten Sonntag hier in Indien senkrecht im Bett als morgens früh um sieben Uhr jemand an meiner Tür klopfte. Erst dachte ich, dass ich mir das eingebildet habe, denn wer sollte denn um diese früh mittägliche Uhrzeit an einem normalen Werktag was von mir wollen? Es klopfte nochmal. Geklapper an meinem Türriegel. Es hörte sich ganz so an, als ob jemand mein "Türschloss" zu einem alten, längst vergangenen Türklopfer umfunktioniert hatte. Zudem kamen noch rücksichtslose, vehemente, unverständliche Gespräche und Gesprächsfetzen, die in den langen Gängen noch Stunden danach widerhallten als ob sie mich immer wieder daran erinnern wollten, dass ich hier zum Studieren bin und nicht zum Schlafen.
Ich stand kurz davor aus meinem erst wenige Stunden zuvor mühevoll errungenem Schlaf zu erwachen, als es vor der Tür wieder ruhiger wurde. Sollte mir recht sein, sollen doch alle einfach verschwinden und mich in meinem von der Sonne hell erleuchtendem Zimmer weiter schlafen lassen. Die Grenze zum Traumland lag so nah, ich hab mich schon auf den höchsten Wolken ein leckeres Schnitzel mit Champignonrahmsoße und Spätzle essen sehen, doch kurz bevor ich auch nur einen Fuß darüber setzen und einen Atemzug voll entspannter, surrealer Traumluft nehmen konnte, klopfte es wieder an der Tür. Diesmal so penetrant und hochfrequent, dass ich dachte, das ganze Hostel, nein, ganz Indien brennt gerade ab. Mit vor Todesangst rasenden Puls bin ich zu meiner Tür geeilt, die Augen noch teilweise vom indischen Sandmännchen versiegelt und die Haare in alle Richtungen stehend, habe ich schnell die Riegel zur Seite geschoben und die Tür aufgerissen.

Von vorne nach hinten: Ein Mitglied der Beseneinheit, der General und die Badputzeinheit


Entgegen all meiner Erwartungen rannten keine Feuerwehrmänner mit dicken Wasserschläuchen durch den Gang, keine hysterisch flüchtenden Studenten, es waren auch keine Rauchschwaden zu sehen und die "Feuerlöscher", die seit vier Jahren abgelaufen waren und schon lange keinen Löschschlauch mehr haben, hingen weiterhin friedlich und unberührt an der Wand.
Jedoch stand eine kleine Inderin mit einem Besen vor mir und schaute mich mit großen Augen an und sagte immer wieder das gleiche Wort: "Clean, clean, clean..." Nachdem mein Körper wieder volle Kontrolle über meine Augen erlangt hatte, konnte ich das Bild vor mir etwas schärfer stellen: Es war nicht nur eine, nein, es waren fünf mit Schrubbern, Besen und Lappen bewaffnete Frauen, die entweder auf die "India PutzExpo 2011" oder wohl irgendwas mit meinem Zimmer anstellen wollten. Mein Kopf war total überlastet, ich konnte die Bilder und die Geschehnisse nicht einordnen und nicht entscheiden, was ich jetzt machen soll. Doch die Entscheidung wurde mir im nächsten Moment auch schon abgenommen, denn sie kamen alle unaufgefordert herein und legten los.
Da ich nicht mit Besuch gerechnet habe und ich auch noch nicht ansatzweise gewusst habe, ob ich meinen Koffer überhaupt auspacken und hier bleiben sollte, lagen in meinem Zimmer jede Menge Klamotten und Privates herum.
Doch das hat den "Clean-Trupp" nicht im Geringsten gestört, denn sie fingen an auszuschwärmen:
Zwei von ihnen machten sich an meinem Bett zu schaffen und haben neue Laken aufgezogen. Zwei andere haben mit viel zu kurz geratenen Besen das Zimmer "gekehrt". Okay, die bessere Formulierung wäre wohl, sie haben versucht zu kehren und haben stattdessen den Staub einfach nur aufgewirbelt. Gut, das Ergebnis ist kurzfristig das gleiche: Der Dreck ist weg und was ich nicht sehe, ist nicht da. Nachdem die ersten Schwadronen wieder wortlos abgezogen sind, kamen die anderen beiden Frauen und haben mit einem Mopp das Zimmer gewischt. Ja, richtig. Ein Mopp und zwei Bediener, das können nur die Inder. :) Es muss ja einer da sein, falls jemand spontan ausfällt. Später hab ich gesehen, dass mit diesem Mopp das ganze Hostel geputzt wurde, ohne dass er zwischendurch mal ausgewaschen wurde. Das erklärt auch, warum der Boden danach auch irgendwie dreckiger wirkte, als vorher.

Der Mülleimer wird auch jeden Monat geleert

Ich wollte schon meine Zimmertür schließen und mich wieder dem guten Essen in meinem Traum widmen, als zwei Männer mit großen gelben Gummihandschuhen in der Tür standen und nach kurzem zögern auch einfach herein kamen. Klar, warum auch fragen, es ist ja alles so selbstverständlich und offensichtlich im Meister-Proper-Look Sonntag früh um sieben bei einem Austauschstudenten, der seit vier Tagen hier ist,  in der Tür zu stehen und das Badezimmer putzen zu wollen. Ich ließ einfach alles geschehen. Ich wollte gar nicht wissen, was die Beiden in meinem Bad anstellten, nachdem ich gesehen habe, wie der Boden gewischt wurde. Nach einigen langen Minuten waren sie auch schon fertig und "Der General", ein weiterer Inder, der wohl auf den Putztrupp aufpasst, stand in meiner Tür und wollte meine Unterschrift in einem Buch. Ich wollte noch fragen, ob dass die Erklärung ist, dass ich keinerlei Ansprüche auf eine Verbesserung des Wohngegenstandes zu erwarten habe, sobald sie hier waren. Habe es aber dann gelassen und stillschweigend unterschrieben.

Nachdem ich recht schnell eine Sauberkeitsbilanz aufgestellt hatte, hatte ich den Entschluss gefasst in Zukunft selber zu putzen. Seitdem kommen sie zwar immer noch am ersten Sonntag jedes neuen Monats früh um sieben, aber sie bringen mir nur noch ein frisches Handtuch und frische Bettwäsche. Den Rest mache ich gerne selber. :)

Die Bilder sind jetzt nicht sonderlich aussagekräftig. Ich versuche, dass ich noch ein Gruppenbild vom Putztrupp bekomme. :)

Frisch, von mir überzogenesBett



Nachtrag
Hab heute ein Bild vom Putztrupp gemacht, wie sie die Böden im Hostel putzen






Donnerstag, 3. November 2011

Micha meets Metallica

Ohhhh yeah, ihr habt richtig gelesen. Am Sonntag hatte Metallica sein Debüt in Indien bzw. in Bangalore und ich war mitten drin. :)

Glücklicherweise habe ich ein Metal-T-Shirt eingepackt, als ich meinen Koffer für Indien gepackt habe. Damals hab ich nicht im Traum daran gedacht auf ein Konzert in Bangalore zu gehen, bei dem ich das T-Shirt hätte tragen können, geschweige denn, dass ich Metallica live erleben kann.
Wie der Zufall aber wollte, spielt Metallica ausgerechnet während ich in Bangalore bin. Sehr geil! :)
Jimmy und ich haben uns Sonntagmittag auf den Weg gemacht und wollten vorher noch lecker etwas essen gehen und anschließend den musikalischen Nachtisch genießen. Da der Tag sowieso schon im westlichen Mittelpunkt stand, habe ich mir einen Hamburger mit Pommes bestellt, was ich hätte besser lassen sollen. Der Burger an sich war ja ganz nett, aber das Brot war steinhart und das Rindfleisch war irgendwie auch nicht so toll. Man sollte bei einem indischen Restaurant eben nur indisches Essen bestellen, welches in dem Restaurant auch ansonsten wirklich lecker ist. :)

Mittlerweile war es schon recht spät und wir haben uns auch schon langsam Sorgen gemacht, ob die Band schon angefangen hat zu spielen, da auf dem Ticket nichts vermerkt war und in Indien die Uhren doch etwas vor gehen, was abendliche Aktivitäten angeht. In Bangalore schließt nämlich jede Bar spätesten um 23 Uhr und um 22:30 Uhr fahren die letzten Busse. Das heißt nicht, dass es kein Nachtleben hier gibt, es wird schließlich schon um 18 Uhr dunkel. Es ist eben alles nur etwas früher als man es in Deutschland gewohnt ist.

Am Konzertgelände (OpenAir) angekommen, haben wir riesengroßes Glück gehabt und sind sehr schnell durch die Sicherheitskontrollen gekommen, da wir zufällig vor einer Sicherheitsschleuse standen, die genau in diesem Moment geöffnet wurde. Danach konnten wir den Zeitvorteil nutzen und standen somit knapp zehn Meter von der Bühne entfernt und hatten somit optimale Plätze.

Das Konzert war recht kurzweilig, obwohl sie 2,5 Stunden gespielt haben, aber jedes einzelne Lied war richtig, richtig geil. :)

Hier ein paar visuelle und akustische Eindrücke:

Meine Schuhe nach dem Konzert




Blick auf die Bühne

James Hetfield in der Mitte

Diesmal in Rot

Ausgang des Konzertgeländes - danach